IFRS 15: Ausweis der Erlöse in der GuV

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IFRS15-Erlöse und Umsatzerlöse sind nicht identisch, z.B. Leasingerlöse oder Weiterbelastungen

Begriffe

Infolge der Einführung von IFRS 15 sind in der Praxis häufig Änderungen im GuV-Ausweis zu beobachten. Die betrifft insbesondere die erste Zeile der GuV, die statt „Umsatzerlöse“ nunmehr auch häufig als „Erlöse mit Kunden“, „Umsatzerlöse aus Kundenverträgen“ o.ä. bezeichnet wird.

Anmerkung: Die IFRS-Übersetzung für „Revenue“ ist unterschiedlich, so dass dieser Beitrag die Schreibweise „[Umsatz]Erlöse“ verwendet. Mit „GuV“ ist sowohl die einteilige als auch die zweiteilige Darstellung gemeint (vgl. IAS 1.10A).

Keine Änderung im GuV-Ausweis wegen IFRS 15 erforderlich

Diese Ausweisänderung ist insoweit erstaunlich, zumal der IFRS 15 keine eigenen Regelungen zum GuV-Ausweis enthält (von IFRS 15.65 bzgl. der Zinsen abgesehen) und auch andere Standards in Bezug auf den GuV-Ausweis, insb. IAS 1, nicht ändert. Mit anderen Worten: Durch die Einführung von IFRS 15 werden keine Änderungen im GuV-Ausweis vorgegeben, sie sind aber in der Praxis dennoch zu beobachten.

Umsatzerlöse sind nicht identisch mit IFRS15-Erlösen

IFRS 15.Anhang A definiert „[Umsatz]Erlöse“ (Revenue) als Erträge aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (ordinary Activities) und übernimmt damit hinsichtlich der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit die bisherige Definition aus IAS 18.7.

IFRS 15.113 trifft eine Unterscheidung der [Umsatz]Erlöse in solche aus Verträgen mit Kunden und solche aus anderen Erlösquellen. IFRS 15.5 nennt selber mit den Ausnahmen von seinem Anwendungsbereich Beispiele für diese anderen Quellen von [Umsatz]Erlösen (Revenue). Dies betrifft u.a. Erlöse aus Leasingverträgen nach IFRS 16, aus Versicherungsgeschäften nach IFRS 17 sowie aus Finanzinstrumenten (IFRS 9) und Konzerngesellschaften im weiteren Sinne (IFRS 10, IFRS 11, IAS 27 und IAS 28).

Beispiel: Wenn ein Unternehmen im Rahmen seiner gewöhnlichen Geschäftstätigkeit sowohl Produkte für GE 100 verkauft als auch Produkte für GE 20 vermietet/verleast, erzielt es (Umsatz]Erlöse (Revenue) in Höhe von GE 120, jedoch nur IFRS15-Erlöse aus Verträgen mit Kunden (Revenue from Contracts with Customers) von GE 100. Erfolgt die Vermietung hingegen nicht im Rahmen seiner gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, stellen die GE 20 keine [Umsatz]Erlöse (Revenue) dar. Erfolgt der Verkauf der Produkte ebenfalls außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, liegen auch keine IFRS15-Erlöse vor, denn Anwendungsvoraussetzung des IFRS 15 ist nach IFRS 15.6 die gewöhnliche Geschäftstätigkeit.

Mit anderen Worten: [Umsatz]Erlöse (Revenue) sind nicht identisch mit [Umsatz]Erlösen aus Verträgen mit Kunden (Revenue from Contracts with Customers) nach IFRS 15.

Zusammenspiel von IAS 1 und IFRS 15

IAS 1.82(a) verlangt für die GuV „… present the following amounts for the period: (a) revenue, ……“. Es ist also in der GuV der (Gesamt)Betrag der [Umsatz]Erlöse (Revenue) als ein Posten zu nennen. Ferner verlangt IFRS 15.113 die Nennung des (Gesamt)Betrags der IFRS 15-Erlöse, also der [Umsatz]Erlöse (Revenue) aus Verträgen mit Kunden; dies kann aber auch im Anhang erfolgen.

In Fortsetzung des obigen Beispiels sind die GE 120 als [Umsatz]Erlöse (Revenue) in der GuV auszuweisen sowie die GE 100 als IFRS15-Erlöse, d.h. [Umsatz]Erlöse (Revenue) aus Verträgen mit Kunden, entweder im Anhang oder auch als (Unter-)Posten der GuV zu nennen.

Soweit ein Unternehmen neben dem IFRS 15 keine weiteren Quellen für [Umsatz]Erlöse (Revenue) hat, fallen diese beiden Posten zusammen bzw. die zusätzlichen Angaben weg. Mit anderen Worten: NUR für diesen Fall sind die [Umsatz]Erlöse (Revenue) und die IFRS15-Erlöse identisch.

Es stellt sich die Frage, ob die Definition von „[Umsatz]Erlösen“ (Revenue) in IFRS 15 auch außerhalb des Anwendungsbereichs von IFRS 15 Gültigkeit haben soll. IAS 1.34 scheint dem zu widersprechen, denn „…An entity undertakes, in the course of its ordinary activities, other transactions that do not generate revenue but are incidental to the main revenue-generating activities…..“. Danach gibt es also Transaktionen im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, die nicht zu [Umsatz]Erlösen (Revenue) führen. IFRS 15 Anhang A definiert hingegen: „Revenue is income arising in the course of an entity’s ordinary activities.“, d.h. Erträge aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit sind [Umsatz]Erlöse (Revenue).

Aus dem Kontext des IAS 1.34 kann jedoch geschlossen werden, dass es hier um die Abgrenzung zwischen [Umsatz]Erlösen einerseits und anderen betrieblichen Erträgen geht, so dass der oben zitierte Satz des IAS 1.34 wohl eher unglücklich formuliert ist („…in the course of its ordinary activities […]that do not generate revenue”), und keine Gegendefinition zu [Umsatz]Erlösen (Revenue) iSd IFRS 15 sein soll. Die dort genannten „main revenue-generating activities“ sind nicht als weitere Definition zu verstehen, es gibt also keine [Umsatz]Erlöse aus der gewöhnlichen HAUPT-Geschäftstätigkeit, die von [Umsatz]Erlösen aus der gewöhnlichen (Nicht-Haupt-)Geschäftstätigkeit zu unterscheiden wären.

Weiterbelastungen und gewöhnliche Geschäftstätigkeit

Ein in IFRS 15 nicht näher geregeltes Thema sind die Weiterbelastungen von Kosten, wie z.B. Nebenkosten (out-of-pocket expenses). Die Fachliteratur ist hier mehrheitlich der Meinung, dass es sich um IFRS15-Erlöse handelt. Allerdings kommt der IFRS 15 nur zur Anwendung, wenn es sich um Tätigkeiten im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit handelt. Dies ergibt sich eindeutig aus IFRS 15.6. und den Definitionen von „Kunde“ und „[Umsatz]Erlöse (Revenue)“ im Anhang A.

Hinsichtlich der Weiterbelastung von Kosten gibt es Fälle mit weniger Unsicherheiten, wie zB bei Unternehmensberatern, die ihre Tätigkeit häufig vor Ort beim Auftraggeber ausüben, und damit Dienstreisen regelmäßig notwendig sind, so dass die Weiterbelastung von Reisekosten in diesem Fall als Teil der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit zu vermuten ist. Diese Fälle sind auch die mehrheitlichen Fälle in der Fachliteratur.

Damit stellt sich die Frage der genauen Definition bzw. des begrifflichen Inhalts von „gewöhnliche Geschäftstätigkeit“. Unstreitig ist wohl eine Beurteilung anhand der zeitlichen Dimension (selten, in größeren Zeitabständen) oder der quantitativen Dimension (einzelne Fälle). Solange Transaktionen selten bzw. von der Anzahl her gering sind, wird dies eher dafür sprechen, nicht Teil der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit zu sein. Typischerweise nennt die Fachliteratur hier den Verkauf von nicht mehr benötigten Sachanlagen oder die Vermietung zB eines Wohnhauses durch ein Produktionsunternehmen.

Unklar bzw. größere Ermessensspielräume gibt es bei der Frage, ob auch die inhaltliche Dimension relevant ist. Das obige Beispiel „Produktionsunternehmen und Wohnhaus“ deutet darauf hin. Ein anderes Beispiel wäre eine Immobiliengesellschaft, die ihre Grundstücke vermietet, hinsichtlich der Frage nach den Nebenkosten für z.B. die Wasserver- und -entsorgung. Ist letzteres Teil der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit, wenn ggf. sogar rechtliche Ausschlussgründe bestehen, und das Unternehmen gar nicht zur Wasserver- und/oder -entsorgung berechtigt ist, sondern die anfallenden Kosten nur 1:1 an die Mieter weiterbelastet? Die weiterbelasteten Kosten der Wasserver- und entsorgung wären wie oben ausgeführt nur dann IFRS15-Erlöse, wenn eine Zuordnung zur gewöhnlichen Geschäftstätigkeit möglich ist.

Resümee

„[Umsatz]Erlöse“ (Revenue) und IFRS15-Erlöse sind nicht identisch. IFRS15-Erlöse sind zwar [Umsatz]Erlöse (Revenue), aber nur, soweit sie aus Verträgen mit Kunden stammen. Der IFRS 15.113 selbst erwähnt bzw. benennt die Existenz weiterer Quellen von [Umsatz]Erlösen (Revenue). Diese sind zB die Vermietung/das Leasing (IFRS 16) oder aus Finanzinstrumenten (IFRS 9). Auch für Geschäftsvorfälle, die aus dem Anwendungsbereich des IFRS 15 ausgeschlossen werden, ist ebenfalls ein Ausweis als [Umsatz]Erlöse (Revenue) potentiell möglich. Beispielsweise aus einer gemeinsamen Tätigkeit im Anwendungsbereich des IFRS 11 (etwa eine Forschungs-Arbeitsgemeinschaft), sofern hier Erlöse im Rahmen der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit erzielt werden.

Der Gesamtbetrag der [Umsatz]Erlöse (Revenue) ist nach IAS 1.82(a) in der GuV als Posten zu nennen. Gibt es neben den IFRS15-Erlösen noch weitere [Umsatz]Erlöse (Revenue), werden die IFRS15-Erlöse entweder im Anhang angegeben oder als (Unter-)Posten in der GuV genannt.

Größere Ermessensspielräume bestehen beim Ausweis von Erlösen aus der Weiterbelastung von Kosten. Voraussetzung für einen Ausweis als IFRS15-Erlös ist jedenfalls die Erfüllung des Kriteriums „gewöhnliche Geschäftstätigkeit“. Dies ergibt sich eindeutig aus IFRS 15.6 und den Definitionen von „Kunde“ und „[Umsatz]Erlöse (Revenue)“ im Anhang A. Inwieweit dies in den jeweiligen Fällen erfüllt ist, wird letztlich häufig eine Ermessensentscheidung sein.

Ohne hier näher darauf einzugehen, sei noch auf die Definition von Nettoumsatzerlösen, im Englischen „net turnover“, nach Art. 2 Ziff. 5 EU-Bilanzrichtlinie 2013/34/EU hingewiesen. Diese Definition enthält nicht das Kriterium der „gewöhnlichen Geschäftstätigkeit“. Für die IFRS-Bilanzierung könnte eine mögliche Argumentation „lex specialis vor lex generalis“ sein, d.h. die IFRS als speziellere Regelungen des EU-Rechts gehen den allgemeinen der EU-Bilanzrichtlinie vor.